Die fetten Jahre sind vorbei – Ein paar Gedanken zum Cup-Ausscheiden von Red Bull Salzburg
Die Bullen aus der Mozartstadt waren jahrelang erfolgsverwöhnt. Jetzt gibt es nach der Cup-Niederlage erstmals seit Langem hartes Brot zu beißen. Woran das schlechte Abschneiden liegen könnte und wofür es gut sein kann.

Foto: © Werner100359/Wikipedia
Die Bullen aus der Mozartstadt waren jahrelang erfolgsverwöhnt. Jetzt gibt es nach der Cup-Niederlage erstmals seit Langem hartes Brot zu beißen. Woran das schlechte Abschneiden liegen könnte und wofür es gut sein kann.
Der Cup hat seine eigenen Gesetze. Das war immer so und wird auch immer so bleiben. In den Vorrunden-Spielen geht es, ebenso wie im Finale, um alles oder nichts. Die Chance, begangene Fehler auszubügeln, sind – anders als in der Liga – nicht vorhanden. Und manchmal hat man eben Glück oder Pech. Das hat auch der ansonsten so erfolgsverwöhnte FC Red Bull Salzburg im Cup-Viertelfinale in der kalten Nacht des 3. Februars gegen den SK Sturm Graz am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Im Elfmeterschießen war nämlich Schluss für die Mannschaft von Trainer Jaissle. Die Grazer waren stärker und sind nicht unverdient weitergekommen.
Trotzdem, das Ergebnis ist schmerzlich, wenn man ein*e Anhänger*in des Serienmeisters aus der Mozartstadt ist. Und wer mich kennt, weiß, dass ich ein solcher bin. Wann ich zu diesem geworden bin, kann ich nicht mehr genau sagen, es ist über ein Jahrzehnt her und Salzburg war zu diesem Zeitpunkt nicht Meister. Eigentlich erstaunlich, dass es einmal so eine Zeit gegeben hat, immerhin gewannen die roten Bullen in letzter Zeit einfach alles. Da blieb kein Platz für Rapid, Austria, Sturm oder den LASK. Krisen beim Meister gab es so gut wie nie.
Ich kann daher umso besser verstehen, dass die Freude über das Ausscheiden Salzburgs bei vielen anderen Fans des österreichischen Fußballs unermesslich groß war und ist, unabhängig nun davon, ob sie nun Sturm Graz oder einen anderen Verein supporten. Der ewige Goliath wurde geschlagen. Es mag an dieser Stelle nahezu heuchlerisch erscheinen, wenn auch ich sage, dass ich mich über dieses Ergebnis ein Stück weit freue. Natürlich wäre mir lieber gewesen, hätte Salzburg Sturm gebrochen und nicht umgekehrt. Dennoch freue ich mich auch für Österreichs Fußball-Welt. Jetzt kommt – zumindest im Cup – frische Luft hinein und wird einen Verein, welcher es dann auch immer sein mag – mit einer wichtigen Portion Selbstvertrauen ausstatten und stärken. Mehrere Trainer können nun ihren Spielern sagen, sie hätten sich nicht mehr vor Salzburg zu fürchten. Ich höre es schon vor mir: „Schaut, Salzburg hat lange Zeit alles gewonnen, aber jetzt nicht mehr. Jetzt ist unsere Zeit gekommen.“ Das wird definitiv auch die Liga wieder spannender machen, zumal auch hier die Leistungen der Bullen – verglichen mit den vorangegangenen Saisonen – nachgelassen haben. Und als Zuschauer*in bevorzugt man im Normalfall definitiv eine Liga, in der man nicht schon vor dem ersten Spiel weiß, wer Meister werden wird.
Und so blöd es an dieser Stelle auch klingen mag, das verhältnismäßig frühe Ausscheiden ist auch ein Erfolg für die Mozartstädter. Es gibt – und mir ist auch völlig klar, dass diese Vorwürfe auch in Zukunft weiter bestehen werden (zumal es ja auch Vereine gibt, die ihren Anhänger*innen bewusst dieses Bild in den Kopf pflanzen wollen, um eine Ausrede für das eigene Versagen zu haben) – ja immer die Klage von Fans diverser Vereine, dass Salzburg nur aufgrund seines Geldes gewinnen würde. Anlässlich des Todes von Mäzen Didi Mateschitz gab es genug Twitter-Kommentare, in denen sich viele – sagen wir mal freundlich ausgedrückt – nicht traurig über das Ableben des Red-Bull-Gründers zeigten, denn Mateschitz habe den Fußball für immer zerstört. Eine freilich absurde Behauptung, die jede*r, der*die sich genauer damit befasst, falsifizieren könnte, aber durch das Ausscheidens des Krösus gewiss verstärkt wird.
Denn wenn Geld Tore schieße, so wie oft abwertend gesagt wird, dann hätte Salzburg an diesem ersten Freitag im Februar gegen Sturm Graz gewinnen müssen, immerhin sind sie finanziell besser aufgestellt als jeder andere Klub der Liga. Es ist also vielmehr das Können und manchmal auch eine Portion Glück, denn die Moneten. Und das sollte langsam allen klar werden.

Darüber hinaus könnte man in Wals-Siezenheim diese Niederlage auch zum Anlass nehmen, mal wieder ein bisschen die eigenen Leistungen zu reflektieren. Denn das ist, so befinde ich, in den letzten Jahren mit den wachsenden Erfolgen immer mehr untergegangen. Man sah sich immer den anderen Mitstreitern überlegen, war von Beginn der Saison an der klare Favorit. Nun aber ist die Zeit gekommen, in der Salzburg zu zittern beginnen muss, nicht irgendein anderer Klub. Denn was in der Saison 2019/20 mit dem LASK (der nur durch Eigenverschulden die Meisterschaft verspielte) ansatzweise begonnen hatte, wird nun von Sturm weitergeführt und früher oder später perfektioniert werden. Und es wird nicht lange dauern, und die anderen Bundesligisten werden es Sturm gleichtun – sofern sie sich nicht mit internen Problemen wie Präsidien, Trainern und Fans, so wie es bei den beiden Wiener Vereinen Rapid und Austria der Fall war, verzetteln.
Salzburg hatte es in den letzten beiden Saisonen offenbar verabsäumt, hart zu arbeiten – zumindest schien man sich nicht mehr anzustrengen als die anderen Vereine. Wenn mal eine Niederlage eingesteckt werden musste, dann war diese verschmerzbar. Man wurde sowieso Meister. Dieses Mindset kann auf die Dauer nicht förderlich sein. In dieser Zeit war nun Salzburg der Gejagte, aus dem Gejagten wird unter diesen Umständen aber bald einer der Jäger werden, wenn man nicht rasch gegensteuert.
Und damit kommt man schon zum potentiellen Problempunkt. Es ist, wie so oft im Fußball, wahrscheinlich der Trainer, Matthias Jaissle. Als Jaissle das Amt von dem US-Amerikaner Jesse Marsch übernahm, glich der FC Red Bull Salzburg sprichwörtlich einem goldenen Nest für den doch sehr jungen Trainer. Marsch hatte, wie auch seine Vorgänger, eine perfekt funktionierende Mannschaft aufgebaut und diese konnte, zumindest in großen Teilen von Matthias Jaissle übernommen werden. Dann aber kam – mal wieder – ein großer Umbruch und seitdem schwächelt der Meister. Und das Problem ist, dass die Leistungen zwar in Summe nicht so herausragend bewundernswert, aber auch nicht so schlecht sind, dass man den Trainer entlassen müsste. Auch das verlorene Cup-Spiel ist ein Beispiel dafür. Die Leistung Salzburgs war eher mittelmäßig, aber der Hauptgrund für das Ausscheiden war dann doch das Elfmeterschießen. Dass in einem solchen Glück mehr zählt als Verstand, ist klar.
Man kann sich also wieder auf etwas ausreden und gute Ergebnisse auf ein anderes, zukünftiges Spiel vertrösten. Und in der Zwischenzeit wird so weitergemacht wie bisher: Salzburg ist Meister und wird auch in dieser Saison Meister bleiben. Ob diese Prophezeiung ohne Änderungen eintreten wird, bleibt abzuwarten.
Und sollte der – aus Salzburgs Sicht – Worst Case eintreten, sprich eine verlorene Meisterschaft, dann kann man es auch als Anlass nehmen, wieder auf den Boden der Realität zurückzukehren. Etwas, das man mehr als alles andere brauchen könnte – allen voran Trainer Jaissle (der sich zwar zu diesem Zeitpunkt aber wahrscheinlich schon auf der Suche nach einer neuen Stelle befinden könnte). Dann wäre man auch für alle Fans, nicht nur die eigenen, wieder nahbarer und nicht mehr das ewige Feindbild der Liga.